Gulliver’s Weihnachtsabenteuer Teil 3 – Eine Spur aus Schneeflocken
Eine Spur aus Schneeflocken
Gulliver und Kasia folgen den leisen klingenden Glöckchen und dem sanften Hauch der Magie, der in der Luft liegt. Der Weg führt sie immer tiefer in den frostigen Wald hinein, wo die Bäume aussehen, als wären sie aus Eis geschnitzt. Ihre Äste funkeln im blassen Winterlicht. Mitten in all dem glitzernden Weiß fällt Kasia plötzlich etwas auf.
„Gulliver … siehst du das?“
Stauend betrachten die beiden Freunde ein paar wirbelnde Schneeflocken, die in der Luft tanzen. Die Schneeflocken schweben nicht einfach zu Boden, sondern flattern wie kleine Glühwürmchen durch den Wald – mal schnell, mal langsam, mal in Kreisen, als würden sie auf die Freunde warten.
„Huf und Horn … die Flocken zeigen uns den Weg!“, staunt Gulliver und versucht eine davon zu schnappen, doch dann huscht sie kichernd davon.
Der Wald wird immer frostiger. Die Bäume stehen wie Eisstatuen da, ihre Äste schwer von glitzerndem Frost. Bei jedem Atemzug entstehen kleine Wölkchen, die sofort davon schweben.
„Es ist so kalt … und trotzdem wunderschön“, murmelt Gulliver und kuschelt sich tiefer in seinen Schal.
„Wie ein Wintertraum“, flüstert Kasia.
Die Spur der Schneeflocken führt sie tiefer zwischen die Bäume, bis sie an einen schmalen Bach kommen. Eine glatte Eisbrücke spannt sich darüber – dünn und durchsichtig wie Glas. Mitten darauf sitzt ein kleines Häschen, das jämmerlich zittert.
Kasia spricht leise damit sie das Häschen nicht erschreckt: „Was ist passiert, kleiner Freund?“
Der Hase hebt den Kopf. „Etwas ist so schnell an mir vorbeigeflitzt! Da bin ich erschrocken und fast von der Brücke gerutscht. Jetzt trau ich mich nicht mehr weiter.“
Gulliver stellt sich breit auf den Rand der Brücke und klopft beruhigend mit seinen Hufen. „Ich komme zu dir und helfe dir!“
Er setzt vorsichtig einen Huf auf die Brücke. Nichts passiert. Ein zweiter Schritt – immer noch sicher.
„Siehst du? Alles gut. Komm, wir gehen zusammen.“
Das Häschen rutscht ein kleines Stück zu ihm, lehnt sich dankbar an Gullivers warme Seite und gemeinsam überqueren sie die schimmernde Brücke.
„Danke! Alleine hätte ich den Mut verloren“, piepst der Hase und seine Ohren richten sich wieder auf.
„So soll es sein“, sagt Kasia mit einem Lächeln. „Wir helfen einander.“
Die Schneeflocken beginnen zu verblasen. Sie verabschieden sich von dem Häschen und folgen der Spur, die noch sichtbar ist. Der Wald wird dunkler, und kalte Windstöße huschen zwischen den Bäumen hindurch. Immer wieder vermischt sich der sausende Wind mit dem Geräusch eines kleinen, hellen Glöckchens.
Plötzlich hören sie ein dünnes Fiepen.
„Gulliver! Da drüben!“ ruft Kasia.
Unter einem buschigen Strauch zappelt ein Rotkehlchen, seine Flügelspitzen sich fest in einem Zweig verfangen haben.
„Ganz ruhig“, murmelt Kasia und kriecht zu dem Vogel unter den Strauch. Mit ihren geschickten Pfoten löst sie die Zweige, während Gulliver seinen warmen Schal abnimmt und daraus ein kleines Nest formt.
„Hier, kuschel dich hinein“, sagt er sanft.
Das Rotkehlchen lässt sich erschöpft in das Schal-Nest sinken.
„Ich hab gerade nach Körnern gesucht, da kam ein starker Wind und hat mich herumgewirbelt“, fiept es. „Als der Wind weg war kamen diese seltsamen Schneeflocken, die in Richtung des alten Baumes fliegen. Genau in die Richtung ist auch dieser komische Wind geweht.“
Gulliver nickt. „Danke dir. Das hilft uns.“
Das kleine Vögelchen piepst müde und kuschelt sich tiefer in den Schal, während die Schneeflocken weiter fliegen – jetzt schneller als zuvor, als hätten sie es plötzlich eilig.
Der Weg führt Gulliver und Kasia schließlich zu einem hohen Baum. Seine Wurzeln schieben sich wie gefrorene Schlangen über den Waldboden, und lange Eiszapfen glitzern in der Wintersonne. Zwischen den Wurzeln öffnet sich eine dunkle Höhle, aus der ein kalter Atemzug strömt.
Kasia schluckt. „Gulliver … ich glaube, da drin liegt der Kristall.“
„Ja“, sagt Gulliver leise. „Huf und Horn … das fühlt sich ganz danach an.“
Gemeinsam treten sie in die Höhle. Es ist dunkel, aber nicht unheimlich – eher so, als hätte der Winter selbst hier ein Nest gebaut. Und in der Mitte, auf einem kleinen Sockel aus Eis, liegt er:
der Eiskristall.
Er funkelt sanft, als hätte er sie schon erwartet.
„Gulliver! Sieh nur! Jetzt kann unser Winterfest stattfinden!“, ruft Kasia und hüpft voller Freude.
Doch in diesem Moment weht ein glitzernder Schneehauch durch die Höhle. Er glitzert nicht wie der Kristall – sondern eher wie Tränen.
Eine kleine Gestalt tritt aus dem Schatten der Wurzeln.
Ihre Arme sind verschränkt, ihr Kopf tief gesenkt.
Die Stimme, die sie hervorbringt, ist dünn wie ein gefrorener Zweig:
„Bitte … nehmt ihn mir nicht weg. Ohne den Kristall habe ich gar nichts.“
Gulliver und Kasia halten inne. Die Schneeflocken schweben still um sie herum – als wollten auch sie hören, was jetzt passiert.
Und genau hier wartet das nächste Wunder auf sie …
Fortsetzung folgt am 3. Advent…


