Die Kristalle der Freundschaft

Nachdem Gulliver und Kasia ihren Proviant sicher in einen kleinen Rucksack gepackt haben – dufteten bunte Kekse, die nach Vanille und Abenteuer riechen –, drückt der kleine Polarfuchs neugierig sein Näschen in den Schnee. Er schnuppert, scharrt ein wenig und hob dann aufgeregt die Pfote.

„Hier entlang!“, ruft er fröhlich. „Da riecht es nach Glitzer und… Zimt?“

„Zimt?“, lacht Gulliver. „Das klingt ja nach einem köstlichen Hinweis!“

Mit tapsigen Hufen folgt das Schweinhorn der kleinen Füchsin. Der Schnee knirscht bei jedem Schritt, und kleine Eiskristalle glitzern wie tausend winzige Sterne um sie herum. Über ihnen spannt sich der Himmel in einem zarten Blau, das beinahe so schön funkelt wie der geheimnisvolle Regenbogen, der Gulliver hierhergeführt hat.

Sie kommen an ein kleines Häuschen, dessen Dach unter einer dicken Schneeschicht verborgen liegt. Aus dem Schornstein steigt weißer Dampf auf, und aus dem Inneren dringt aufgeregtes Gemurmel. Kasia spitzt die Ohren, und Gulliver stellt sich auf die Hinterhufe, um durch das vereiste Fenster zu spähen.

„Komm, wir sehen mal nach“, sagt Kasia neugierig.

Gulliver tritt vorsichtig zur Tür und lugt hinein. In der warmen Stube herrschte geschäftiges, aber gedrücktes Treiben. Ein Hase mit einer gestrickten Mützen, eine kleine blaue Eule und sogar ein Rentier sitzen um einen großen Holztisch. Nach Zimt duftende Tassen und allerlei Bastelutensilien stehen auf dem Tisch. Trotz der gemütlichen Stimmung und der funkelnden Bastelmaterialien sehen alle Tiere traurig aus.

„Was macht es für einen Sinn, weiter zu arbeiten?“, schnieft ein kleiner Schneehase und pustet sich die Nase mit einem Taschentuch.

„Der Winterbaum bleibt dunkel“, seufzt das Rentier schwer und lässt seine Ohren geknickt hängen. „Ohne die Kristallspitze erstrahlt kein Licht.“

„Wir sollten einfach aufhören. Es hat doch keinen Sinn, schuhu!“, klagt die Eule und lässt die Flügel hängen.

Gulliver ist ganz verzaubert von all den Farben, die auf dem Tisch verstreut liegen: glitzernde Perlen, kleine Scherben aus Frostglas, bunte Schleifen und schimmernde Fäden. Fasziniert tritt er ein, gefolgt von Kasia, die freundlich mit dem Schwanz wedelt.

„Das ist unsere Schmuck-Schmiede“, erklärt Kasia stolz. „Hier basteln wir jedes Jahr die schönsten Anhänger für unseren Winterbaum. Aber ohne die Spitze machen die schönsten Anhänger keinen Sinn.“

„Ich finde, ihr solltet trotzdem weiter basteln!“, ruft Gulliver entschlossen und scharrt aufgeregt mit den Hufen. „Kasia und ich werden den Eiskristall finden und zurückbringen. Dann werden all eure schönen Anhänger in ihrem ganzen Glanz erstrahlen. Zeigt ihr mir, wie ihr sie bastelt?“

Die Tiere sehen sich gegenseitig an. Erst herrscht Stille. Dann hebt das Rentier vorsichtig den Kopf. „Vielleicht… vielleicht hat er recht. Basteln macht ja auch Spaß!“

„Stimmt.“, sagt der Hase mit der Mütze. „Das schönste jedes Jahr ist mit euch zusammen all die schönen Anhänger zu basteln!“

Ein zartes Murmeln des Einverständnisses geht durch den Raum, und bald schon wird es lebendig. Pfoten und Hufen greifen nach Teig, Farbe und Glitzer. Sie formen kleine Sterne und Männchen aus frostigem Eis-Teig und bemalen sie mit Frostfarben in Türkis, Silber und Schneeweiß. Am Ende bestreuen sie die Anhänger mit feinem Glitzerstaub, der in der Luft tanz wie winzige Schneesterne.

Kasia hüpft fröhlich hin und her, hilft einem Hasen, eine Schleife zu knoten, und pustete dabei immer wieder Glitzer in die Luft. Sogar die grimmige Eule kann da nicht mehr ernst bleiben.

„Ha-hatschii!“ niest das Rentier plötzlich so laut, dass der ganze Glitzer aufgewirbelt wird und sich wie ein bunter Schneesturm über alle legt.

Einen Moment lang sehen sie sich erschrocken an – dann beginnen alle laut zu lachen. Gulliver lachte so sehr, dass er fast auf den Rücken fällt, und Kasia kugelt sich vor Freude im Glitzer.

Gulliver schaut sich ihr Spiegelbild in dem kleinen Fenster an und lächelt. 

„Schaut doch mal!“, sagt Gulliver zu seinen neuen Freunden, als ihr Lachen langsam verklungen ist, „Alleine glitzern wir. Aber zusammen leuchten wir schöner als jeder Eiskristall.“

Alle Tiere halten kurz inne und sehen sich ebenfalls ihre Spiegelung im Fenster an. Gulliver hat Recht. In dem hellen Kerzenschein, mit dem vielen Glitzer und der Freude in ihren Gesichtern leuchten sie gemeinsam fast so sehr wie der voll geschmückte Winterbaum.

Als sie ihre Bastelrunde beendet haben, wehte eine sanfte Brise durch das offene Fenster. Die Glitzerteilchen wirbeln empor, als wollten sie tanzen. Ganz leise – fast wie aus weiter Ferne – hörten sie das helle Klingen eines Glöckchens.

Kasia hebt sofort ihr Näschen in den Wind und schnuppert. „Gulliver… ich rieche etwas!“

„Wieder den Zimt?“, fragt Gulliver zwinkernd. 

„Nein. Diesmal riecht es nach Eis und Zauber!“

„Dann nichts wie los!“, ruft Gulliver und nickt in Richtung der weißen Hügel.

Die beiden verabschieden sich von den fröhlichen Bastlern, die ihnen zum Abschied mit bunten Glitzerpfoten winken. Und während hinter ihnen das Lachen der Tiere verklingt, stapfen Gulliver und Kasia hinaus in den glitzernden Wintertag – der Spur des Glöckchens folgend, geradewegs hinein ins nächste Abenteuer.

Fortsetzung folgt am 3. Advent…

Am 3. Advent wird die Geschichte von Gulliver und Kasia fortgesetzt.

Bis dahin kannst Du dir hier eine Anleitung ausdrucken mit der Du einen fabelhaften Salzteig-Anhänger basteln kannst.

Freust Du dich schon, wie das Abenteuer mit Kasia weiter geht?

Gulliver wünscht Dir eine schöne Weihnachtszeit!